Was hat mich aus Kreuzberg vertrieben?

Vor ein paar Tagen traf ich Elisabeth, eine Bekannte, die ich das letzte Mal vor meinem Rückumzug nach Neukölln gesehen hatte.
Sofort erwartete ich die übliche Frage „Waaaaas ? Wieso bist Du nach Neukölln gezogen? Das ist doch so schön an der Bergmannstraße!“ und begann schnell innerlich meine Argumente zusammenzusammeln, als da sind: In meiner Wohnung im „Bergmannstraßenkiez“ hatte ich zwar einige Zeit sehr nette Nachbarn und das ganze Jahr Sonne in der Wohnung aber 1. Kein Bad (auch keine Dusche), 2. einen nassen Keller, 3. keinen Balkon, 4. überall Schimmel in den Wänden, 5. eine schwindende Infrastruktur zugunsten unendlich vieler Touristenkneipen und 6. einen unerträglichen Pulk an arbeitslosen Sozialarbeitern, Psychologen, Politologen u.ä., die die restlichen Kneipen belagern und sich dort allabendlich die Kante geben, weil Taxifahren auch nichts mehr einbringt.
Elisabeth fragte aber gar nicht, ganz im Gegenteil, als ich auch noch hinzufügte, dass ich jetzt mitten in Rixdorf wohne und die schönsten Sonnenaufgänge beobachten kann, überfiel sie glatt der Neid. "Ich wollte schon immer gerne in die Richardstraße 79 ziehen." Wieso gerade 79? Ich dachte kurz nach, das müsste das letzte Haus vor der Ecke Kirchgasse sein. "Na, das wird wohl nix", sage ich, und möchte gar nicht genauer wissen, wie schwierig es sein muss, in eins dieser denkmalgeschützten Häuser zu ziehen…

In einer alten Morgenpost-online-Ausgabe lese ich:
"An der Richardstraße 79 zeigt ein großes Tor im kleinen Haus: Hier wurde wie überall im Dorf Landwirtschaft betrieben. Der Hof ist mit Katzenköpfen gepflastert; im Hintergrund steht die Scheune."
Also nur mal so nebenbei bemerkt: Hier wurden und werden Straßen und Höfe nicht mit den Schädeln possierlicher Haustiere gepflastert! Für alle, die in einer asphaltierten Welt ohne historisches Straßenpflaster aufgewachsen sind: Als Katzenkopfpflaster oder Katzenköppe bezeichnet man eine sehr grobe, rundsteinige Pflasterung. Vermutlich sind Katzenköppe das gleiche, wie Wackersteine, bzw. Wackensteine, aber genaueres über diese sagen- oder märchenhaften Brocken erfährt man natürlich bei den Wackerstein-Spezialisten, den Gebrüdern Grimm!

PS: Die schwindenede Infrastruktur Neuköllns zugunsten von 1 Euro-Shops und -Jobs ist natürlich auch nicht das, was ich mir alternativ zu Bars und Cafés gewünscht hatte, aber 2004 Jahren wars auch noch nicht ganz so schlimm...

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